Solo e Trombone Samstag 28. Juli 1855: im Conservatoire de Paris, wird der Concours in der Posaunenklasse durchgeführt. In der Revue et Gazette musicale erklärt Paul Smith, dass in diesem Jahr ein Vormittag reichte, um alle Kandidaten anzuhören: «die ganze Blasinstrumenten-Familie [...] traf sich an einem Vormittag mit einer Harfe. Der Krieg hat den Concours beschränkt: viele Studenten waren mit ihren Regimentern auf der Krim. Es waren aber dennoch genügend anwesend, um den Concours ehrenvoll durchzuführen.» Vom Professor für Posaune Antoine Dieppo wurden an diesem Tag zwei Studenten belohnt. Jean-Baptiste-Frédéric Masset (geb. 1828) erhielt einen ersten Preis, François-Achille-Alfred Dauger (geb. 1825) einen zweiten Preis. Zusätzlich zum Pflichtstück - dem hier vorliegenden Solo de Trombone von Charles Gounod (1818-1893) - mussten die Schüler auch eine Prima Vista Prüfung ablegen. 1855 war es ein Allegro für Posaune mit Cellobegleitung eines anonymen Komponisten, Stück das schon 1852 Pflicht war. Gounods Solo de Trombone wurde nie veröffentlicht, die Noten verschwanden und wurden von den Gounod-Biographen bis vor kurzem als verschollen erklärt. Zwei Manuskripte haben die Wiederherstellung der vorliegenden Ausgabe ermöglicht. Das erste - eine Posaunenstimme, wurde Ende der 1990er Jahre auf einem Flohmarkt entdeckt - das zweite ist im Besitz des Posaunisten Frantz Couvez, der von seinem Professor Gilbert Moisand eine Photokopie davon erhielt. Verschiedene Elemente bestätigten sehr rasch, dass es sich tatsächlich um ein Werk von Gounod handelt: der Gesamtstil, der den Six Mélodies für Horn und Klavier von 1839 ähnelt, gewisse harmonische «Abstecher» - auch mit einem noch etwas unpersönlichen Handwerk - und eine etwas problematische Klavierbegleitung. Der un-pianistische Aspekt, der in den Melodien für Horn und anderen Werken auffällt, ist auch hier anzutreffen: Gounod war definitiv kein Pianist und hasste es, Klavierauszüge zu schreiben, was Gérard Condé bestätigt. In der vorliegenden Ausgabe wurden deshalb gewisse Stellen neu angelegt (Harmonie ergänzt, pianistische Struktur und Spielbarkeit verbessert). Dieses Solo ist zweisätzig. Der erste Satz in G-moll beginnt mit einem, im Vergleich mit dem ganzen Stück, erstaunlich entwickelten Andante. Dieses tutti mündet in ein Adagio cantabile in 6/8, eine echte Aria in italienisch sinnlichem Stil. Die instrumentale Linie, unterstützt durch einen gleichmässigen Triolen-Swing, umhüllt eine musikalische Phrase, charakteristisch für Bellini oder Donzetti, die damals in Paris en vogue waren. Der zweite Satz ist eine Cabaletta molto pomposo e ben marcato in in B-Dur, endend mit Triolfiguren von erheblicher Schwierigkeit. Laurent Madeuf Paris, September 2018 Die vorliegende Erstveröffentlichung des Solo de Trombone von Gounod enthält auch das Prima Vista-Stück. Dieses kurze Werk mit Cello-Begleitung eines anonymen Autoren folgt der langen Tradition, den Kandidaten durchzuprüfen auf seine Fähigkeit, zu lesen und interpretieren mit sehr kurzer Vorbereitungszeit.